Eine Reise auf dem Wasser, nordwärts entlang Norwegens Küste, gehört für mich mit zum Schönsten, was man an Reisen in Europa unternehmen kann. Gesteigert wird dieses Erlebnis nur dadurch, dass man diese Fahrt während der Mitternachtssonne unternimmt, im Juni.
Je weiter man vom Süden nach Norden kommt, desto karger wird die Vegetation, desto klarer die Luft. Die Küstenlandschaften in Südnorwegen sehen für mich noch so aus, als hätte man das Allgäu unter Wasser gesetzt: Grüne Hügel überall, voneinander abgegrenzt durch tiefblaue Fjorde, die mich an Bergseen erinnert. Nur, dass sie salzig sind. Der Geirangerfjord natürlich, wie könnte er fehlen.
Irgendwann werden die Berge steiler, selbst Mitte Juni liegt noch viel Schnee in den Flanken und auf den Gipfeln. Das Grün weicht einem Braun-Grau, der Kontrast zum leuchtenden Blau des Nordmeers immer stärker.
Sind dann die Lofoten und Vesterålen erreicht, beginnt das Mäandern in einem verwirrend-schönen Geflecht aus kleinen Inseln, großen und kleinen Fjorden, Küstengebieten und Häfen.
Und dann Tromsø, das Tor zur Arktis. Die Eismeerkathedrale begrüßt und verabschiedet jedes der vorbeikommenden Schiffe. Und immer, wenn im Hafen eines dieser weißen Forschungsschiffe in Richtung Norden ausläuft, bekomme ich eine Gänsehaut. Spitzbergen, der Nordpol, all das scheint auf einmal so nah. Historische Expeditionen sind von hier gestartet, und auch zu oft gescheitert.
Schließlich Honningsvåg, die nördlichste Stadt der Welt und Ausgangspunkt zum Nordkap. Ob man die Fahrt dorthin unternehmen muss, sollte jeder für sich selbst entscheiden.
Wer kann und glück-lich ist, bestaunt das Kap, den nördlichsten Punkt Europas, von der Seeseite aus. Gewiss ein Mythos, diese steilen Felsklippen und ein Moment, den man nicht vergisst.